Rock and Roll im Cowboyclub Regensburg

Let´s Rock and Roll

Hot Rods, Rock’n Roll, Petticoatkleider, Pomade und feuerrote Lippen – Auch in Regensburg gibt es sie: Rockabillys und Rockabellas. Leider viel zu wenige …

Am schlimmsten ist eigentlich, dass die Szene vom Aussterben bedroht ist, weil sich einfach nicht mehr viele Leute für die Musik und das ganze Drumherum interessieren,“ erzählt mir Philipp Götz, einer der in Regensburg eher spärlich gesähten Rockabillys. Es ist klar, dass sich 2012 kaum einer mehr mit dem Lebensgefühl der 50er und 60er identifizieren kann. Gerade Jugendliche können mit Bill Haley, Wanda Jackson oder Ricky Nelson eher wenig anfangen. Rockabillys und Rockabellas jedoch schaffen es, etwas von damals in die heutige Zeit zu transportieren – schon allein durch ihr Äußeres. Echte „Greaser“, wie Rockabillys oft genannt werden, tragen eine Haartolle mit dick Pomade drauf, dazu Jeans oder Stoffhose, Hemd und Budapesterschuhe. Victory Rolls, leuchtend roter Lippenstift, schwarzer Lidstrich, weit schwingende Petticoatkleider und Peep Toes sind Accessoires, die keiner richtigen Rockabella fehlen dürfen.

In Regensburg trifft man nur selten Vertreter dieser Subkultur. Die Rockabillyszene ist nur auf einen kleinen Kreis begrenzt. Doch es gibt sie und das schon seit den 80ern. Damals riefen ein paar wenige Regensburger das Ganze ins Leben, indem sie anfingen, die Musik zu hören und selbst zu machen. „Mittlerweile ist die Szene aber wesentlich kleiner als damals,“ meint Phil. „Das liegt vermutlich daran, dass die Zeit eben doch schon recht lange zurück liegt und sich keiner mehr näher damit befassen will.“ Besonders schade findet er, dass viele den Look gut finden, obwohl kein richtiges Interesse an der Subkultur besteht. Dass immer weniger junge Leute nachkommen, ist für die Szene zum einen schlecht, da sich diese dadurch noch weiter verringert. Zum anderen hat es aber auch eine positive Seite. Nur wirkliche, echte und interessierte Rockabillys sind dabei und keine hippen Modepüppchen, die ihr Tellerröckchen nach einem Monat wieder in den Schrank hängen und weiter Indietronica hören.

Was, wenn ich als Rockabillybegeisterter nach Regensburg ziehe? Wie in jeder größeren Stadt gibt es auch hier einen Rockabilly Club, an den man sich anschließen kann. Die „Rocking Gamblers“ sind zwanzig Mann und es gibt sie seit 2002. Sie leben den American Way of Life der 50er, fahren alte US–Schlitten und organisieren Rockabilly Events im Raum Regensburg. Auch höfliches Verhalten ist unter den Mitgliedern, alle natürlich Gentlemen der alten Schule, selbstverständlich. „Viele Leute grüßen ja nicht mal mehr,“ bedauert Phil. Schade findet er auch, dass heutzutage nicht mehr richtig getanzt wird. In Discos zappeln alle nebeneinander her, während früher das Tanzen einen viel wichtigeren Stellenwert hatte. Es war vielmehr eine der wenigen Möglichkeiten, überhaupt Kontakt zum anderen Geschlecht aufzubauen.

Bemerkenswert ist aber auch das soziale Engagement der „Rocking Gamblers“. „In den letzten Jahren haben wir mit `Rock’n Roll für kuno´, ein ganztägiges Konzert im Cowboy Club in Dechbetten, Spenden gesammelt und konnten 2011 knappe 3000 Euro an die Klinik spenden,“ erzählt Phil. Neben dem Club kommen aber auch Rockabillybands aus Regensburg. Die „Sunny Bottom Boys“ beispielsweise machen mit ihrer Mischung aus Rock’n Roll, Blues und Country schon seit 1999 erfolgreich Musik.

Dennoch muss man schon sehr genau suchen, wenn man als Rockabilly Gleichgesinnte treffen möchte. Bis vor wenigen Jahren gab es noch das „Slick 50“ in der Maxstraße, ein Live Club, in dem regelmäßig Rock’n Roll Bands spielten. Auch das „Hepcat“, wo man vorwiegend Musik der 50er und 60er hörte, konnte sich in Regensburg nicht halten. Wohin also? „Ins Mono“, sagt Phil. Das „Mono“ in der Roten–Hahnen-Gasse ist tatsächlich die einzige Location, in der man noch in den Genuss von Rock’n Roll kommt. Er legt dort unter dem Namen Fifties Preacher Phil jeden dritten Freitag selbst auf. Dann darf geswingt werden zu Little Richard, Jack Willson und Klassikern wie Elvis Presley und Johnny Cash.

Dass die Szene nur klein ist, ist schade, vor allem, weil es kaum Orte gibt, um sich zu treffen und die Musik zu hören. Ganz aussterben wird sie aber wohl nie, da es immer ein paar wenige geben wird, die sich für die „gute alte Zeit“ begeistern und in jedem Fall dafür sorgen werden, dass diese nicht in Vergessenheit gerät.

Text: Christina Sonnauer
Bilder: Alexander Urban, Christina Sonnauer
Quelle: Kult.de

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